In der Geschichte des Bankprokuristen Joseph K., dem in einem ebenso absurden wie undurchsichtigen Verfahren der Prozess gemacht wird, zeigt der große Prager Schriftsteller Kafka seine ganze erzählerische Meisterschaft. Je mehr K. seine ungenannte Schuld zu ergründen und sich zu verteidigen sucht, desto tiefer verstrickt er sich in die alptraumhaften Labyrinthe einer undurchschaubaren Gesetzesmaschinerie. Trotz der Immaterialität seiner Schuld ist diese konkret, das unbekannte Gesetz erfüllt sich. Lakonisch im Ton, steigert sich der Text vom Grotesk-Komischen ins abgrundtief Tragische. Die Frage der Schuld wurde durch diesen am Anfang des Ersten Weltkriegs, im August 1914, begonnen Roman geradezu zur Vision des Jahrhunderts. Der Proceß ist das erste umfangreichere Werk, das Max Brod 1925, ein Jahr nach Kafkas Tod, aus dessen Nachlass herausgab.