„Hunderttausende von Schweizern verließen im 19. Jahrhundert die Heimat, um Hunger und Armut hinter sich zu lassen. Wer die Reise überlebte, wurde Kaffeebauer in Venezuela, Zuckerbäcker in Russland, Rinderzüchter in Texas, Lehrer in Kairo, Hotelier auf Samoa. Die meisten gewöhnten sich ans neue Klima, lernten die Sprache und freundeten sich mit Land und Leuten an. Nur manchmal, wenn das Heimweh nagte, hatten sie Lust auf ein Stück Käse am liebsten großlöchrigen Emmentaler, den schwei- zerischsten aller Schweizer Käse. Also bestellten sie welchen gegen Vorauszahlung, worauf sich in Thun, Langnau oder Bern ein in Zinkblech verlöteter, wagenradgroßer Laib auf den Weg machte. Vielleicht nahm er die Bahn bis Rotterdam und ging dann auf einem Hanseschiff nach Russland oder an Bord eines Windjammers nach New Orleans, vielleicht auch mit einem Kokosnussdampfer um Kap Horn in die Südsee. Dank des Aufklebers «Store under the Waterline» wurde er ganz unten im Schiffsrumpf verstaut, wo es am kühlsten war. Einmal an Land aber lag er dann wochenlang in ungekühlten Zollfreilagern und brütend heißen Magazinen, um anschließend mittels Postkutsche, Ochsenkarren oder Eselsrücken den Dschungel, die Wüste oder die Steppe zu durchqueren und zu guter Letzt in der Küche des heimwehkranken Schweizers anzukommen“.